
Hallo zusammen,
im heimischen Youngtimer-Fuhrpark befindet sich seit fast zwei Jahren schon eine BMW 328i Limousine, Baujahr 1998 (E46). Ein frühes Exemplar dieser Generation also. Kaufgrund damals war zum einen die Tatsache, dass gut erhaltene 3er ganz langsam im Preis anziehen und zum anderen der Vorbesitz aus erster Hand…okay…nicht wirklich. Der wahre Grund? Power, stärkster Motor der Modellgeneration seinerzeit, Heckantrieb, Driftgelüste! Und das für ein Taschengeld. Ich konnte nicht wiederstehen. Naja, ein bißchen Verstand war schon dabei. Besonders kaufentscheidend waren damals der Zustand, kein Rost und die volle Ausstattung. Außer einem Navi und Xenon Licht (das gab es damals für den 3er erst etwas später) hat der Vorbesitzer jedes Kreuzchen im Ausstattungskatalog gemacht. Es finden sich unter anderem so schrullige Perlen wie ein Harman Kardon Audiosystem der ersten Generation und eine Standheizung ohne Bedientafel aber mit Fernbedienung. Auch spektakulär ist die sogenannte „Hochgeschwindigkeitsabstimmung“ des Fahrwerks. Zu Deutsch: Ab Werk bißchen tiefer, bißchen härter und unkomfortabler. Jeder schlecht eingepasste Gullideckel wird ohne Verzögerung in die Wahrnehmung des Fahrers gerückt. Herzallerliebst.
Der E46 hat seinerzeit einige Qualitätskapriolen hinter sich bringen müssen. Es gab auch diverse Rückrufaktionen. Den schlimmsten Fauxpas haben sich die Ingenieure bei der Befestigung der Hinterachse an der Karosserie geleistet. Da kam es gehäuft zu Rissbildungen. Mittlerweile alles vergessen und vergeben. Alle noch auf dem Markt befindlichen Modelle haben den Rückruf hinter sich oder waren nicht betroffen. Der Rest ist weggerostet oder im Zuge der unsäglichen Abwrackprämie gegen geleaste Hyundai Getz eingetauscht worden.
Ansonsten ist die Modellgeneration noch recht häufig im Straßenbild anzutreffen. Coupes und Cabrios haben längst Liebhaberpreise erreicht, besonders wie immer die M-Modelle.
Jetzt kommt der unangenehme Teil. Eine Ausfahrt in den Schwarzwald endete für den oben genannten 3er mit einer 3 wöchigen Standzeit unter freiem Himmel – fragen Sie nicht warum, das ist eine andere Geschichte.
Das anschließende Reaktivieren bei Temperaturen weit unter Null war natürlich nicht erfolgreich. Diagnose: Batterie schwach. Okay, denkt sich der Selbsthelfer, überbrücken! Starthilfekabel sind ja ständige Begleiter eines jeden Youngtimer-Fahrers. Aber ganz so schnell ging es dann doch nicht. Eine kleine Rangieraktion mittels Abschleppseil (ja, auch das gehört zum Reisegepäck) wurde noch eingeschoben, denn der Wagen war vorwärts eingeparkt. Gedankennotiz für’s nächste Mal abstellen: Rückwärts einparken! Nun denn, zweimal georgelt mit potentem Spenderfahrzeug am Kabel und der Karren schnurrte sofort sein reihen-6-zylindriges-Lied. Ein paar Meter noch fahren um die Batterie zu laden und alles ist gut, dachte ich mir. Aber was war das? Markerschütternde Schleifgeräusche rundum. Diagnose: Bremsscheiben haben Flugrost. Kein Problem, ein bißchen fahren und anbremsen, dann sind die Scheiben wieder blank. 15km später immer noch keine Besserung. Auch das starke Einlenken beim Bremsen stimmte argwöhnisch. Vielleicht ist ein Bremssattel festgegammelt? Das könnte bei Gelegenheit mal eine Werkstatt anschauen. Etwas Rostlöser und ein Hammer sollten das Ding schon wieder gängig machen. Also wurde der Wagen erstmal wieder zufrieden abgestellt.
Diese Geschichte könnte jetzt zu Ende sein. Ist sie aber leider nicht. Direkt nach dem Aussteigen machte es „Plopp“, unter der Motorhaube begann es heftig zu qualmen und die alte Dame hörte sich an wie eine pinkelnde Elefantenkuh. Was da im Schwall unter dem Wagen hervorschwappte und sich den Weg über den Teer bahne, roch zwar nicht so streng, hatte dafür aber eine lustig grüne Farbe. Kühlwasser! Viel Kühlwasser! Alles an Kühlwasser, was die Kiste intus hatte! Nein! Doch! Ohhh…
So, damit wurde aus dem „vielleicht“ Werkstattbesuch ein „auf jeden Fall schnellstens“. Unter sekündlichen Blicken auf die Kühlwassertemperaturanzeige wurde der schlecht bremsende Wagen mit der schwachen Batterie zu einer Werkstatt gefahren. Diagnose: Kühlerriss aufgrund von zu wenig Frostschutz im Kühlwasser. Nach Aufnahme, Begutachtung auf der Bühne und Auftragsklärung sowie einer geplanten Abholung 36h später, sollte der 3er zunächst an einer freien Stelle in der Werkstatt abgestellt werden. Direkt nach dem Anfahren…machte….es…wieder…Plopp. Plopp? Was habe ich dieser Welt nur angetan, dass es schon wieder ploppen muss? Diagnose: Bremsleitung hinten links geplatzt wegen Vorschädigung durch Korrosion.
Auch für einen krisen- und überschlagserprobten Youngtimer-Liebhaber sind vier Diagnosen innerhalb von einer Stunde zuviel. Ich wäre gern direkt noch in der Werkstatt zum hysterisch Lachen in den Keller gegangen, wenn es denn einen gegeben hätte. Stattdessen erweiterte ich den Werkstattauftrag um den jüngsten Reiter der Apokalypse und sah gedanklich einen vierstelligen Rechnungsbetrag in leuchtend roten Ziffern vor mir, der sich in meine Netzhaut einbrannte.
Die nächste Aktion war das fluchtartige Verlassen des Werkstattgeländes, damit nicht noch eine Ventilkappe des 3ers geschossartig abspringt und einen über uns fliegenden Airbus trifft, welcher in der Folge auf die Werkstatt stürzt.
Entweder der eingangs erwähnte Kaufzustand war doch nicht so prickelnd oder der 3er ist in meinem Besitz irgendwie schneller gealtert, als ich es mir zugestehen will. Kennen Sie dieses „Jetzt erst recht“- Gefühl? Genau, nach so einem Rundum-Wellnesspaket für einen vierstelligen Betrag sind wir über dem Point-of-no-return. Vom Ehrgeiz gepackt, wird jetzt aus der altersschwachen Karre ein 3er im Councourse-Zustand. Mindestens. Ich werde weiter berichten…
Sehr lustig geschrieben!
Das ist wirklich Pech. Anders nicht zu erklären. Ein E46 in dem Alter und mit der Laufleistung hat eigentlich alle Kapriolen hinter sich. Denke aber, dass er von jetzt an nur noch wartungsbedingte Aufmerksamkeit braucht.