
Der letzte jemals in Serie produzierte Wankelmotor. In einem Sport Coupe. Das übt einen besonderen Reiz aus.
Bevor Sie mich wieder für bekloppt erklären: Die Rede ist vom Mazda RX-8. Schon länger nicht mehr gebaut und jemals kaum im hiesigen Straßenbild erkennbar. Quasi ein Exot hierzulande. Und genau deshalb ist dieser Wagen es wert, ein paar Zeilen darüber zu verlieren. Mittlerweile liegt die deutsche Markteinführung schon 14 Jahre zurück. Damit qualifiziert sich der RX-8 als Youngtimer. Schon lange überlege ich immer mal wieder einen anzuschaffen, um ein Stück Geschichte an Mut und Innovationskraft zu sichern.
Heutige Fahrzeuge und deren Motoren und sind nur noch geprägt von Downsizing, komplizierter Abgasreinigung und Minimalinnovationen. Wissen Sie ja alles. Da ist es doch höchst erfrischend, dass vor nicht allzu langer Zeit mal wieder eine Importmarke der innovationsfeindlichen, deutsche Autowelt gezeigt hat, wie man Leben in die Bude bringt.
Tolles zeitloses Design, dermaßen aus der Zeit, dass heute kaum jemand spontan sagen könnte, was das Baujahr dieses Wagens sein könnte. Die Form und die Designsprache des RX-8 könnte sich heute noch völlig unauffällig in einen Showroom aus Neuwagen einreihen, ohne das es auffallen würde. So was begeistert mich. Wie cool ist es, dass Mazda einen Wagen geschaffen hat, den das viel zitierte Durchschnittsmuttchen in ihrem Diesel-Touran als aktuelles Fahrzeug identifizieren würde? Eben genau so wie vor 14 Jahren schon.
Das Fahrzeug ist auch im kleinen voll von Design- und Technikinnovationen. Neben dem einzig in Serie produzierten Wankelmotor gibt es zum Beispiel hinten angeschlagene, gegenläufig öffnende Türen für den Fond. Die erste Reihe betritt man dagegen wie gewohnt durch lange Coupetüren. Ein Viertürer mit Gran Tourismo Ambitionen und absoluter Alltagstauglichkeit. Vier Personen haben Platz und der Kofferraum erlaubt problemlos ein Urlaubswochenende zu zweit oder eben die täglichen Einkäufe. Was will man mehr?
[Bildquelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Mazda_RX-8]
In Europa wurden zwei Versionen des 2-Rotoren-Kreiskolbenmotors mit je 654 cm³ angeboten, mit 192 und 231 PS. Vorzug bekommt natürlich das stärkere Aggregat. Wie die Mehrleistung im Detail zu Stande kommt, weiß ich nicht. Da die Technik für mich identisch in beiden Versionen aussieht, ist wohl die Programmierung des Steuergeräts ein Hauptbestandteil. Hardwareseitig sind nur die Ansaugkanäle unterschiedlich. Das würde auch erklären, warum der Vorgänger RX-7 speziell in Japan und USA so beliebt im Tuning war. Ein paar neue Mappings, eine optimierte Downpipe nebst Abgasanlage und vielleicht eine offene Ansaugung und schon waren seinerzeit Leistungssteigerungen von bis zu 100% drin.
Vom Klang her sind wir bei einem Wankelmotor so zwischen Turbine und Staubsauger gelegen. So jedenfalls würde ich meine Erinnerungen aus einigen Probe- und Mitfahrten beschreiben. Nicht unangenehm, aber eben auch kein bekanntes, seidiges V6-Geflüster oder sonores V8 Geblubber. Gewöhnung ist alles und gehört zum Konzept. Es ist Mazda jedenfalls sehr hoch anzurechnen, als einziger Hersteller weltweit am Kreiskolbenmotor konsequent Jahrzehnte festgehalten zu haben.
Technologiebedingt verbraucht der Wankelmotor viel, hat schlechte Abgaswerte im Vergleich zu einem Hubkolbenmotor und der Ölverbrauch ist hoch. Leider ist dennoch das regelmäßig notwendige Nachfüllen des Öls mit Aufwand verbunden, da Mazda den Einfüllstutzen unter Verkleidungen versteckt und dieser auch noch schwer zu finden ist.
Abseits dieser Kuriositäten hat der Wagen aber so viel auf der Habenseite, dass Kritik unangemessen erscheint.
Erst der Abgas- und Umweltwahn der 2010er hat dem Motorkonzept den Gar aus gemacht. Bauartbedingt hätte man für kein Geld der Welt das Ding in eine neue Zulassung in USA und Europa gebracht, sodass Mazda 2012 bedauerlicherweise den Wankel zu Grabe getragen hat. Schade nur, dass der RX-8 deshalb gleich mit beerdigt wurde. Ein cooles Sportcoupe läuft ja auch mit herkömmlichem Verbrenner.
[Bildquelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Mazda_RX-8]
Brachiale Leistungssteigerung wie beim RX-7 soll einem RX-8 als Youngtimer aber erspart bleiben…sagt wieder der Originalitätsfetischist.
Einziger Wermutstropfen ist die Tatsache, dass in Europa mal wieder kein Wert auf den Verkauf von Automatikgetrieben gelegt wurde. Für ein Reisecoupe gehört sich so was. Dies war aber Japan und USA vorbehalten. Hierzulande gab es den Karren nur als Schalter. Tut der Sache letztendlich keinen Abbruch, zumal die Automatikversion immer nur die 192 PS Variante war, aber ein Gran Tourismo wird eben in meiner Welt nicht handgeschaltet. Diese Zielgruppe in Deutschland kannte man damals wohl nicht. Mit ist auch nur ein angegrauter Opa bekannt, der sich trotz Handschaltung einen RX-8 als Reisewagen zugelegt hat.
Der RX-7 Vorgänger ist bereits im hochpreisigen Youngtimerhimmel angekommen, vielleicht auch Dank des Hypes der „Fast & Furious“ Filme. Kürzlich hat mein Lieblingstestonkel Doug DeMuro ein gut erhaltenes Exemplar auf 50.000 US Dollar taxiert. Ziemlicher Brocken.
RX-8 sind derzeit immer noch günstig in Deutschland und Preise ziehen erst langsam an. Aufgrund des Exotenstatus scheint der Wagen immer noch unterschätzt oder gleich gänzlich unbekannt. Wenn Sie spontan mit einem RX-8 etwas anfangen können, dann gehören Sie wahrscheinlich zum besser informierten Fünftel der Youngtimergemeinde. Verkauft wurde der Wagen in Deutschland 2003 bis 2010, selbstredend allerdings nur in homöopathischen Mengen. Viele Angebote in den einschlägigen Gebrauchtwagenbörsen sind allerdings relativ gut gepflegte Ersthandwagen aus Opis Besitz. Für Tuning oder Verunstaltungen jeglicher Art war der hier Markt einfach zu klein. Ein Glück für den geneigten Interessenten.
Was die Werbung bei Markteinführung vorgibt, prägt sich irgendwie ein. Wo ein Mercedes in der Reklame seit Jahrzehnten Brillantsilber ist, sind es bei Mazda ebenso lang Rottöne. Deshalb ist wohl ein RX-8 auch in Tornadorot Metallic (Farbcode 27A) die beste Wahl.
Meiner Meinung nach lässt die Betrachtung des RX-8 nur einen Schluss zu: kaufen solang die Preise noch nicht überbewertet sind. Ich weiß, dass ich das schon über viele Fahrzeuge in diesem Blog geschrieben habe. Aber dieses Vehikel hat einfach einen ganz speziellen Reiz, gerade wegen der uneingeschränkten Tauglichkeit als Daily Driver. Coupe! Rot Metallic! Gegenläufig öffnende Türen! Naja, Sie wissen schon. Bleibt nur wieder die notorische Platzproblematik für die Unterstellung eines Exemplars. Herrje.
[Bildquelle Titelbild: https://classics.honestjohn.co.uk]
Sprich doch mal mit mir. Ich kann einen Stellplatz anbieten. Falls du es jemals wieder in den Norden schaffst…
JDM forever! Habe neulich erst durch den Blogeintrag erfahren, dass es dein Honda Coupe gar nicht mehr gibt. Bin wohl seit ein paar Jahren nicht mehr auf dem Laufenden, was?
Ja, dem Wagen trauere ich immer noch hinterher. Ein paar Mal hat es schon fast gereicht, um wieder ein Exemplar anzuschaffen. Aber die Platzproblematik gewann die Oberhand. Schade. Denn die Kisten sind echt nicht teuer.